Ich beteuere hiermit feierlich, dass ich nie wieder auf blosse Äusserlichkeiten achten und mich davon verführen lassen werde. Und nach diesem Eid, den ich, ob man es glaubt oder nicht, mit in den Himmel erhobenen Fingern ausgerufen habe, komme ich auch schon zum Grund, warum. Es handelt sich um das Indiegame „Lisa“, welches etwas vom besten ist, das je über meinen Computerbildschirm geflimmert ist.
Die Reise eines gebrochenen Mannes…
…durch eine postapokalyptische Landschaft ist das Setting des Spiels, und wenn das allein nicht schon reichen würde, dass einem die Augen zu leuchten beginnen wie zwei Sternchen, so ist eben dieses Setting damit gewürzt, dass jener gebrochene, vom harten Leben in der apokalyptischen Einöde gezeichnete Mann auf der Suche nach einem Mädchen – dem vielleicht letzten weiblichen Wesen auf der Welt, das er vor Jahren gerettet hat – ist.
Auf dieser schicksalhaften Reise trifft man laufend auf schräge Charaktere, einzigartige Feinde und eine Tristlosigkeit und Endzeitstimmung, welche kaum ein Spiel so gut vermitteln konnte, wie LISA es von Beginn an tut. Dabei nimmt sich das Spiel in seiner ganzen Tristesse auch selbst auf den Arm, mal mit überdrehten Rollenspielelementen, mal mit lustigen Spielmechaniken, beispielsweise, indem man auf der Reise gesammelte, leere Glasflaschen nach seinen Feinden schmeisst oder zufällig auf den Kopf eines Widersachers hinunterstürzt, der sich dann darüber aufregt, dass er von den Entwicklern eigentlich hier positioniert wurde, um einen aus dem Hinterhalt heraus anzugreifen.
Das Spiel ähnelt in den Interaktionen, die bei Kämpfen und Dialoge mit anderen Charakteren ablaufen, stark den Games, die mit dem RPG-Maker gemacht wurden. Das kann abschrecken, denn es gibt haufenweise schlechte Beispiele dafür, und wer noch nie mit solchen Spielen in Berührung gekommen ist, für den können diese Stilblüten erstmals abschreckend und wenig ansprechend wirken. Ich aber sage: Lasst die Eindrücke reifen, auf euch einwirken, denn schon nach kurzer Zeit ist die überragende Qualität des Spiels offensichtlich.
Hot or not?
Die Grafik von LISA ist deutlich an die Retrospiele angelehnt, in denen man seine Spielfigur vor einer zweidimensionalen, sich über mehrere Ebenen erstreckende Welt bewegt. Das sieht schön wuselig aus und vermittelt eine ganz besondere Stimmung, allerdings passiert es schnell, dass man nicht mehr weiss, wo man hinmuss oder herkommt.
Trotz der auf den ersten Blick schon fast mittelalterlichen Grafikwahl, strotzt das Spiel vor liebevollen Details, sowohl bei den Charakteren als auch in der Welt, die man durchquert. Die Musik ist ideal an das Spiel abgestimmt und hat eine Bandbreite von melancholischen bis hin zu schrill aufgeregten Melodien, etwa wenn man sich inmitten eines Kampfes findet.
Fazit
Was war ich zu Beginn skeptisch: Wieder eines dieser apokalyptischen Endzeitspiele, in denen man als wenig ansprechender Hauptheld durch die dürre Einöde der vernichteten Welt auf der Suche nach einer Person, einem Schatz, aber eigentlich immer auf der Suche ins eigene Ich, reist. Dieses anfängliche Unbehagen war aber schnell vom Tisch gefegt, einfach deshalb, weil LISA das so einzigartig, gut und vollkommen anders macht als Spiele mit ähnlicher Thematik und gleichem Setting.
Sogar mein glatzköpfiger Hauptheld, der ein bisschen wie ein eigenbrötlerischer Menschenfresser aus einem B-Horror-Movie aussieht, ist mir mittlerweile an mein steinhartes, kaltes Herzlein gewachsen. Das Spiel sowie die Erweiterung LISA the Joyful gibt es auf Steam zu kaufen – das Basispiel LISA selbst kostet derzeit etwa so viel wie zwei Zigarettenpäckchen und ich muss euch nicht sagen, was von beidem – für eure Lungen zumindest – gesünder ist!